Axel Ritsma

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Brief meines Freundes Stephan an seinen Patensohn Shanto.
(mit freundlicher Genehmigung zur Veroeffentlichung)

 

Hallo Shanto!
Ja, wenn der Hintergrund zu diesem Text nicht so entsetzlich wäre ....
So wie ich das sehe, geht es letztlich nicht nur um die Taliban, es geht
vielmehr um den verheerenden Irrsinn des Fanatismus, es geht darum, dass
es immer wieder auf dieser Welt Gruppen der Spezies Mensch gibt, die
glauben, im Besitz der allein selig machenden Wahrheit zu sein, und diese
Wahrheit dann anderen Menschen gewaltsam aufdrängen zu müssen.
Es geht also genauso um Gruppen anderer weltanschaulichen Richtungen,
wie sie sich in allen Religionen, aber auch in lediglich mit irdischer Macht
verbündeten Weltanschauungen manifestieren. Ich weiß nicht, woher dieser
unausrottbare Drang kommt, sich über andere zu erheben. Es scheint sich um
ein fehlgeleitetes, zumindest um ein umgeformtes (pervertiertes) Verhalten
noch aus Zeiten unserer animalischen Vergangenheit zu handeln: Dieses
menschliche Machtstreben, welches sich mit der irrationalen Legitimierung
durch eine höhere Macht verbindet, auf die man sich dann beruft, von der man
sich gelenkt und beauftragt fühlt, und woraus man dann im Extremfall auch
ableitet, dass zur Verbreitung und Durchsetzung der eigenen Ziele alle Mittel
recht seien.
Sobald dann einer kommt, wie z.B. ich, und sich all diese - an scheinbar
göttliche Regeln gebundenen - Gruppierungen als Phänomen ansieht und für
Toleranz untereinander eintritt, wird ihm Unverbindlichkeit (na klar: denn
"religio" heißt ja "Bindung an ...") und Relativierung vorgeworfen. Im besten
Fall kann man dann erwarten, dass man herablassend als verlorene Seele
bezeichnet wird; in der Regel muss man aber froh sein, wenn man nicht
aggressiv als Anarchist ausgesondert, verstoßen oder gebrandmarkt wird und
somit schon zu Lebzeiten die Hölle auf Erden zu spüren bekommt.
Diese - an durch „höhere Eingebung“ gebundenen - Gruppierungen geben
sich – das sei zugegeben – untereinander Halt, Trost, Geborgenheit und feiern
das mit zum Teil recht hübschen Ritualen. All das verstärkt in ihnen die
Gewissheit, zu den wahren Guten zu gehören, zu den Auserwählten, zu
denen, denen sich dereinst die Pforten des Paradieses öffnen werden. Die
aufs Jenseits und auf dortige Belohnung für Wohlverhalten gerichteten
monotheistischen Glaubensgemeinschaften, halten sich für diejenigen, die die
höchsten Weihen menschlichen Geistes erhalten haben, und wenn es nur eine
einzige davon auf diesem Planeten geben würde, wenn die gesamte
Menschheit von einer einzigen dieser Religionen erfasst wäre, dann könnte
das vielleicht sogar funktionieren (ketzerische Frage: Ob vielleicht deshalb
einige wenige Banker die universelle Weltherrschaft anstreben?*). Da sich
Mensch-Sein aber in so vielen verschiedenen Formen äußert, haben sich nun
miteinander konkurrierende Glaubenssysteme entwickelt, die alle mit den
gleichen Instrumenten agieren, sich aber ganz verschiedenen Werten
verbunden fühlen und sich deshalb gegenseitig diskreditieren und bekämpfen.
Wenn ich bisher nur von Religionen gesprochen habe, dann muss ich
dies spätestens jetzt ausweiten und die Ideologien, die oft auch „gottlosen“
Macht- und Herrschaftssystem mit einbeziehen. Nicht nur der militant
aggressive Kommunismus, auch vom Kapitalismus sich ableitende
Weltanschauungen bis hin zu Wirtschaftstheorien kann man getrost in den
Reigen der beschriebenen Gruppierungen mit einbeziehen.
Ist es nicht auffällig, dass ein verbindendes Element all dieser Systeme -
ob weltlich oder auf einen Götterhimmel ausgerichtet – die Synchronisierung,
die Verhaltensnormierung, die Parallelisierung, die Gleichschaltung forcieren,
aber individuelle Leistungen eher als die Ausnahme von der Regel gelten
lassen (Das Hofnarr-Phänomen), wenn überhaupt? Verbote, Gebote, die
Errichtung von Tabubereichen (z.B.: Nacktheit in all ihren Spielarten)
…Spielregeln vom Privatbereich bis ins Berufsgeschehen, von der Wiege bis
zur Bahre, überall treffen wir zwangsläufig auf Gängelungssysteme. Je
nachdem, wohin der Storch sein Bündel geworfen hat- auf die verschiedensten
Gängelungssysteme.
Ich habe keine Patentlösung anzubieten. Das würde ja auch allem oben
Gesagten widersprechen. Ich nehme an, dass ich mit meiner Einstellung
anarchistischem Gedankengut nahe komme, aber auch damit möchte ich mich
nicht festlegen.
Als Student habe ich mal ein Buch in die Hand bekommen, das meine
bis dahin recht gestaltlos angelegte Meinung zu Glaubensdingen stark
argumentativ untermauert hat (Gerhard Szczesny:, Glaube und Unglaube
1959). Natürlich habe ich längst vergessen, was da konkret alles in dem Buch
stand, aber eines ist mir in Erinnerung geblieben, dass Szczesny der Meinung
war, dass sich viele der Werte, die sich beispielsweise auch in den Geboten
des Christentums widerspiegeln, allein aus der Tatsache und aus der
Wertschätzung der Einmaligkeit des Phänomens des Lebens ganz allgemein,
der Existenz intelligenten Menschenlebens im Besonderen ableiten lassen. Ich
glaube, dass ich meine eigene Einstellung, wie sie sich im Lauf meines
Lebens entwickelt hat, immer noch auf diese Grundeinstellung stützt.
Um nun noch mal den Bogen zu dem heute erhaltenen „Rundbrief“ mit
der Aufforderung zu einer vielleicht humorvoll gemeinten Provokation zu
schließen, so steckt auch in dieser Aufforderung ein Stück unnötige
Aggression gegenüber anderen Menschen. In der Tendenz ähnliche Artikel
habe ich bereits im vergangenen Jahr von einem republikanisch
eingeschworenen Amerikaner per E-Mail erhalten, der sich sehr gerne über
Andersdenkende lustig macht. Ich selbst habe ein ziemlich offene Einstellung
zum nackten Körper, was bei den Tausenden von Aktzeichnungen, die ich
zusammen mit meinen künstlerischen Arbeiten gemacht habe, ja auch nicht
besonders hervorgehoben werden muss. Savonarola (ich vernahm: Seine
Rehabilitation würde vom Vatikan geprüft) hätte mich wegen meiner
Einstellung aber bestimmt auf den Scheiterhaufen geschickt. Und nebenbei
bemerkt: Wer einmal gesehen hat, wie Scharen von Neugierigen aus aller
Herren Länder des Sommers gezielt durch den Englischen Garten pilgern, um
sich dort die nackerten Sonnenanbeter anzusehen, der könnte auch
bezweifeln, ob mit einer Aktion, wie in dem Rundschreiben vorgeschlagen, ein
Erfolg irgend einer Art erzielt werden kann, mal gar nicht zu reden von den
Konsequenzen, dass dann als freiwilliger oder unfreiwilliger Zeuge dieser
Aktion nach seinem Dahinscheiden dann später eventuell im ewigen
Höllenfeuer schmoren zu müssen.
Als Persiflage auf die Terrorbekämpfung lass ich mir den Text des
Rundschreibens noch allenfalls eingehen. Als konstruktiver Beitrag war es von
seinem Verfasser bestimmt nicht gemeint.

 

Ein Islamist, der dieses liest,
ganz sicher nicht erfreut drob ist.
Er wird sich denken, jetzt erst recht,
und somit wär die Wirkung schlecht.
Ich fürcht der Karren steckt im Dreck
Schon lang. Drum nix wie weg
Verlasst die Wiese
Und reist zum
581-er Gliese **


* Siehe Zeitgeist-Video!
** http://de.wikipedia.org/wiki/Gliese_581

(Briefende)

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Hier, als Anhang, das besagte Rundschreiben, um das es in dem Beitrag ging. Auch meiner Meinung nach nur ein alberner Witz ueber den man lachen kann oder nicht, je nach Gemuetsverfassung. Leider kursieren mittlerweile zu viele solcher Witze im Netz, als dass man auch nur annaehernd einen Bruchteil davon veroeffentlichen koennte. Teilweise sind sie obendrein auch noch leicht bis sehr geschmacklos.

 

"Rundschreiben"

Dein Land braucht Dich!

Wir alle wissen, dass es eine Todsünde für einen Taliban-Mann ist, eine nackte Frau zu sehen - er
muss dann Selbstmord begehen...ausgenommen es ist seine eigene Frau.

Deswegen werden alle Frauen aufgefordert, am kommenden Samstag um 14.00 Uhr auf die Straße
zu gehen, total nackt. Damit helfen sie der Regierung, unidentifizierte und unerwünschte Terroristen
(sogen. Schläfer) zu identifizieren. Es wird empfohlen, mindestens eine Stunde nackt in der
Nachbarschaft umherzugehen, damit der beste Anti-Terror-Effekt zustande kommt.

Alle Männer werden gebeten, vor ihrem Haus in einem Liegestuhl Platz zu nehmen und die nackten
Frauen anzusehen, auch du! Damit beweist du, dass du nicht Mitglied der Taliban bist. Auch zeigst
du großen Mut, nackte Frauen zu sehen... auch wenn es nicht deine eigene ist. Selbstverständlich
machen die Männer das nur, um ihre Frauen im Kampf gegen den Terror zu unterstützen!

Weil Taliban auch keinen Alkohol akzeptieren, sollte ein kaltes Bier in deiner Hand die deutliche und
gesunde Anti-Terror-Haltung zeigen.

Die Bundesregierung weiß diesen Einsatz der Bürger sehr zu schätzen und dankt auch dir schon jetzt
für deine Hilfe im Kampf gegen den Terror.

Es ist Deine verdammte patriotische Pflicht, diese Mail weiterzuleiten!