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Von Markus C. Schulte von Drach
Immer wieder wird Frostschutzmittel als billiger Ersatz für Glycerin in
Medikamente gemischt. Weltweit sind daran bereits Tausende Menschen gestorben.
Häufig stammen die Fälschungen aus China.
Gefälschte Heilmittel überschwemmen den
Weltmarkt - und häufig sind sie nicht nur gefährlich, weil sie wirkungslos
sind. Immer wieder sterben Menschen durch Mittel mit giftigen Inhaltsstoffen.
Doch woher die falschen Medikamente stammen, ist schwer nachzuweisen.
Ein Stoff, der immer wieder in die Schlagzeilen gerät, ist das Frostschutzmittel Diethylenglykol (DEG). Allein in den letzten zwanzig Jahren kam es weltweit acht Mal zu Massenvergiftungen durch DEG mit Tausenden Toten.
Und in drei Fällen konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass der Stoff aus China stammte, berichtet die New York Times.
Zuletzt, so hat die Zeitung festgestellt, wurde DEG dort
als Glycerin deklariert und nach Panama geliefert, wo es als Bestandteil eines
Hustensaftes etliche Menschen tötete.
Es war zunächst nicht klar, woher das falsche Glycerin stammte. Immerhin erinnerten die Vergiftungsfälle die nach Panama gerufenen Experten der US-Gesundheitsbehörde (CDC) an einen ähnlichen Vorfall auf Haiti. Dort waren seit November 1995 über einen Zeitraum von mehreren Monaten 88 Kinder an einer Diethylenglykol-Vergiftung gestorben.
Die Kleinen hatten sich mit einem Paracetamol-Sirup gegen Fieber und Schmerzen vergiftet. Bereits damals konnten die CDC, haitianische Behörden und die amerikanische Zulassungsbehörde FDA feststellen, dass der eigentlich harmlose Glycerin-Sirup des Medikaments mit DEG verseucht war. Und das Glycerin stammte aus China.
Der Versuch der FDA, die Produktionsstätte zu besuchen,
scheiterte damals an den chinesischen Behörden - obwohl in China selbst
zuvor ebenfalls DEG-Vergiftungen aufgetreten waren. Als die Amerikaner den Ort
schließlich doch aufsuchen durften, war die Fabrik nicht mehr dort, alle
Unterlagen waren zerstört worden.
Von China nach Panama
Den Weg von China nach Panama hat die US-Zeitung mit Hilfe von Schiffspapieren
und Interviews mit Behördenvertretern nun nachgezeichnet. Demnach war das
DEG über Peking und Barcelona transportiert worden. Dreimal hatte es den
Besitzer gewechselt. Und niemand hatte überprüft, ob die Fässer
tatsächlich das Glycerin enthielten, das in den Papieren angegeben war.
Zudem, so meldet die New York Times, wurden die gefälschten Papiere unterwegs noch mehrfach verändert, sodass schließlich kaum noch festzustellen war, wer den Stoff ursprünglich produziert hatte. Das aber fand die Zeitung heraus: Es handelte sich um eine Firma in China, die nicht einmal die Erlaubnis hat, Medikamenteninhaltsstoffe herzustellen.
Zwar geht Peking offiziell gegen Missstände in der Pharmaszene vor. Allein letztes Jahr wurden in China 440 Betriebe geschlossen, die Medikamente gefälscht hatten, schreibt die New York Times.
Im Falle der Toten in Panama aber konnten die chinesischen Gesundheitsbehörden keine Verfehlungen des einheimischen Herstellers feststellen. Schließlich enthielt eine untersuchte Ladung Glycerin gar kein Glycerin, sondern DEG und zwei andere Substanzen. Da die Firma erstens gar keine Medikamente produzieren darf, und dies zweitens - wie die Untersuchung zeigte - offenbar auch nicht getan hat, betrachtet sich die chinesische Gesundheitsbehörde als nicht zuständig.
Doch Fakt ist: Das Produkt wurde als "TD Glycerin" von China aus nach Panama geschafft. Und wie die New York Times berichtet, ist diese Bezeichnung möglicherweise aufschlussreicher, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. Wie ein ehemaliger Mitarbeiter des chinesischen Herstellers der Zeitung erklärte, steht TD für das chinesische Wort "tidai". Und das bedeutet nichts anderes als: "Ersatz".
Auch für die Zukunft muss damit gerechnet werden, dass solcherart gefälschte Medikamenten auf den Markt kommen. Denn es rentiert sich, das erheblich billigere DEG als Glycerin zu verkaufen. Beide Substanzen ähneln sich stark, weshalb der Einsatz von DEG kaum auffällt - es sei denn, es kommt zu Todesfällen, die auch noch untersucht werden.
Außerdem ist es schwierig, die ursprüngliche Quelle festzustellen und zu bestrafen, nachdem die Produkte über etliche Grenzen hinweg transportiert wurden.
"Das ist ein globales Problem", erklärte Henk Bekedam von der Weltgesundheitsorganisation WHO der New York Times. "Und man muss es global in den Griff bekommen."
(sueddeutsche.de)