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Einchecken im Krankenhaus
Es ist wirklich kein Vergnuegen, wenn man krank ist und zum Arzt muss. Das
gilt weltweit aber ganz besonders hier in China.
Oberste Prioritaet hat Geld, dann erst kommt der Patient. Klar, Krankenhaeuser in Deutschland finanzieren sich nicht von Spenden, aber sollte dort ein "Landstreicher" nach einem Unfall eingeliefert werden, kuemmert man sich zuerst mal um ihn und fragt dann nach der Bezahlung. Das Wort "Menschlichkeit" hat hier einen geringeren Stellenwert als "Geld". Verstaendlich, wenn man ueberlegt, dass sich hier ein Drittel der Weltbevoelkerung tummeln und "Vater Staat" eine fast unloesbare Aufgabe zu bewaeltigen hat. Somit ist sich also jeder selbst der Naechste.
Im Krankenhaus geht alles einen vorgeschriebenen Weg. Und auf diesem Weg sind, wie auch hier auf den Autobahnen, immer wieder "Zahlstellen".
Am Eingang stehen immer nette Krankenschwestern die nur fuer den Empfang oder Auskuenfte zustaendig sind. Dies wohl gemerkt in den besseren Krankenhaeusern in der Grosstadt. Sie fragen, was man hat und leiten einen dann weiyter zur ersten "Zahlstelle". Man geht am Eingang zur Kasse und kauft dort ein Krankenbuch. Das ist ein kleines duennes Heftchen mit Formular-Vordrucken. Da traegt der Arzt spaeter seine Diagnose und Behandlung sowie verschriebene Medikamente ein. Dieses Heftchen kostet, je nach Krankenhaus, zwischen 1 Yuan und 5 Yuan (0,10 - 0,50 Euro).
Danach begibt man sich in die zustaendige Abteilung, wo man von weiteren Schwestern an einem Empfangstisch oder im Schwesternzimmer empfangen wird. Dies ist dann aehnlich einer deutschen Praxis wo die Arzthelferinnen sitzen und die Termine vergeben. Man nimmt nach der Anmeldung auf einer Wartebank Platz oder draengelt sich auch schon mal schamlos vor. Man ist ja schliesslich krank und die anderen alle "nur zum Spass" hier. Man kann ja auch sehen, in welchem Zimmer der zustaendige Doktor sitzt, da bis auf wenige Ausnahmen alle Tueren offen stehen. Ja!! Auch waehrend der Diagnose und der Behandlung. Ein Grund, warum, z.B. mit Haemorrhoiden, ein Krankenhausbesuch noch unangenehmer werden koennte .
Wenn der Arzt also dann mit seiner Diagnose fertig ist schickt er den Patienten, oder einen der begleitenden Angehoerigen, na, wohin? Richtig. Zur "Zahlstelle". Das bedeutet, dass man sofern man alleine sein sollte, wieder zum Eingang an die Kasse muss. Dort wieder anstellen oder vordraengeln und dann wieder rauf zum Doktor.
Der nimmt erst die Quittung, dann den Patienten in Augenschein. Dann wird mit der Behandlung begonnen. Teilweise kommen dann schon wieder neue Patienten, denen er neue Rechnungen fuer die Kasse ausfuellt oder Rezepte schreibt. Alles zwischendurch natuerlich.
Nach der Behandlung bekommt man dann noch ein Rezept, dessen Inhalt sich nach dem Geldbeutel des Patienten richtet und mit dem Arzt abgesprochen wird. Mit diesem Rezept geht man, wohin? Genau. Zur Zahlstelle.
Also wieder runter zum Eingang. anstellen oder vordraengeln, bezahlen und dann zur Medikamentenausgabe. Dort wird das Rezept erst auf den Kassenstempel hin ueberprueft und dann werden die Medikamente rausgesucht. Logisch. War der Patient noch nicht an der Kasse, kann man sich die Sucherei sparen und nur mit einem Fingerzeig und einem Kopfnicken zur Zahlstelle verweisen.
Hat man dort z.B. Medikamente bekommen die einer Infusion beduerfen, dann geht es wieder zurueck in die Abteilung. Falsch. Fuer Infusionen ist meist eine eigene Abteilung zustaendig. Also dort hin. Anstellen oder vordraengeln und dann warten bis die Infusion abgeschlossen ist.
Mit den erhaltenen Medikamenten, die man dann spaeter zu Hause einnehmen soll, geht es haeufig nochmal rauf zum Doktor, um nochmal sicher zu stellen dass man auch die richtigen Sachen bekommen und die Einnahmeanweisungen auch richtig verstanden hat.
Danach geht's dann wieder nach Hause. Somit kann sich also ein Krankenhausbesuch wegen einer Magenverstimmung, oder wie bei unserer Tochter bereits zweimal wegen leichtem Fieber, leicht auf 4 bis zu 6 Stunden ausdehnen. Natuerlich staendig mit Angehoerigen als Begleitung.
Kleine Kinder laesst man ja ohnehin schon nicht laenger als unbedingt notwendig im Krankenhaus, hier in China aber laesst man sie eigentlich NIE alleine dort. Dies zum einen zur persoenlichen Betreuung der Kleinen durch die Eltern oder Familienangehoerige, zum anderen aber auch zum Schutz. Da fragt man sich doch, wieso Schutz? Man hat ja sicherlich schon einmal davon gehoert, dass kleine Kinder oder Babies aus einem deutschen Krankenhaus entfuehrt worden sind. Gewoehnlich findet die Polizei diese Kinder aber recht schnell. Dies ist hier leider nicht so. Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren bekannt, dass kleine Kinder, zumeist Babies, entfuehrt und an professionelle Bettlerbanden verkauft oder weitergegeben werden. Dort werden ihnen teils Gliedmassen gebrochen, die dann falsch zusammenwachsen damit man sie spaeter als kleine Krueppel zum Betteln einsetzen kann. Die kleine Tochter eines Bekannten einer Kollegin meiner Frau ist auch auf raetselhafte Weise verschwunden, und das als die begleitende Tante im Krankenhaus fuer eine Weile eingeschlafen war. Die Kleine ist nie wieder aufgetaucht. Zum Glueck wird aber von polizeilicher Seite seit laengerem schon verstaerkt dagegen vorgegangen sodass dies in den letzten Jahren nur noch recht selten
Die Kosten fuer die aerztlichen Diagnosen und Behandlungen liegen sehr weit unter denen deutscher Aerzte und Krankenhaeusern. Das macht das Ganze also dann wiederum ertraeglich, vorausgesetzt man verdient genug. Zahlen muss der Patient ja ohnehin alles selbst. Es gibt schon so etwas wie eine Krankenversicherung, aber die hat mehr die Funktion eines Sparbuches. Fuer unsere Tochter haben wir eine solche Kranken-Karte. Die wird im Krankenhaus vorgezeigt und davon wird dann, aehnlich einer Kreditkarte, der erforderliche Betrag abgebucht.
Als Beispiel einmal einige Preise fuer aerztliche Behandlungen die bisher an mir vorgenommen wurden.
Eine Computer-Tomographie kostet zwischen 600 und 1200 Yuan (ca. 60-120 Euro), Roentgenaufnahmen (ca3-4 Bilder) komplett ca. 200 Yuan (ca.20 Euro), ein Bett im Krankenhaus (Preis fuer Futian Hospital) stolze 50 Yuan pro Tag (5 Euro !!!) ohne Verpflegung und Betreuung versteht sich, Akkupunktur ca. 50-100 Yuan (ca. 5-10 Euro) pro Sitzung, 4 Tage Behandlung, Eingipsen des Beines und Betreuung satte 1300 Yuan (ca. 130 Euro) oder Vernaehen eines Platzwunde (siehe Story "Bezahlen oder verbluten") mit anschliessender 4-woechiger Behandlung ca. 900 Yuan (ca. 90 Euro).
Ja, Sie haben richtig gelesen. Die Krankenhaeuser stellen die Betten zur Verfuegung, nicht generell auch die Verpflegung. Wer gerne essen moechte laesst sich dies von Angehoerigen oder Freunden bringen oder ordert es bei einer der Schwestern, die es dann gegen Vorkasse in der Krankenhauskueche oder bei einem nahen Imbiss oder Restautant bestellen. Da man ja also das Bett im Krankenhaus "gebucht" hat, ist es auch haeufig der Fall, dass mal ein Angehoeriger dort mit uebernachtet und niemand beschwert sich. Ausgenommen natuerlich Intensivstationen bei denen es eine Rund-um-Betreuung gibt und bei denen auch niemand anderes mit ins Bett darf. Waehrend meines Aufenthaltes fuer 4 Tage im Futian Hospital wegen eines Meniskus-Vorfalls hat meine Frau dort auch eine Nacht verbracht, weil sie meinte es koennte mir sonst zu langweilig werden, da ich ja sonst mit neimandem reden koennte.
Tja, "TC", That's China. Hier duerfen sich die Angehoerigen wirklich Tag und Nacht um die Patienten kuemmern. Sowas macht den Aufenthalt dann doch etwas ertraeglicher.
Das sinnvollste ist immer noch eine Unfallversicherung. Wir haben alle drei eine abgeschlossen. Fuer meine Frau und meine Tochter bisher zum Glueck ohne Inanspruchnahme. Fuer mich musste allerdings bisher bereits 3 Mal bezahlt werden. Diese Versicherung kostet uns pro Jahr 450 Yuan (ca. 45,- Euro). Wir treten in Vorkasse und die Versicherung bezahlt dann die Quittungen, aehnlich einer deutschen Privaten Krankenversicherung.
Leider sieht die aerztliche Versorgung nicht ueberall so "rosig" aus wie hier in einer Millionenstadt. In den kleineren Staedten oder gar auf den Doerfern sieht es teilweise so arg aus, dass man kaum von medizinischer Versorgung reden kann. Ein chinesischer Autor, der, bis zu seiner Festnahme wegen unbequemer Artikel, auch fuer auslaendische Zeitungen geschrieben hatte, zitierte einmal einen alten Dorfbewohner am Yangtse-Delta mit folgenden Worten: "Kleine Krankheit, warten auf Heilung. Grosse Krankheit, warten auf Tod".
Wenn man sich also mal dem internationalen Vergleich ansieht, kann man zu dem Schluss kommen, dass der Europaer, speziell der Deutsche, immer noch unhaetschelt und umsorgt wird und das fuer einen verhaeltnismaessig geringen Eigenanteil. Hier betraegt der Eigenanteil naemlich satte 100%. Und, wie selbst erlebt (Story "Bezahlen oder Verbluten"), laeuft da ohne diesen 100-prozentigen Eigenanteil gar nichts.
Drum, bleiben Sie gesund. Sie haben nur dies eine Leben.
Die besten Gruesse aus China
ALEX